Gleisgeschichten: Der Postbus kommt mir spanisch vor

24. 09. 2023

Das Kitzsteinhorn ist das Traumziel von so manchem Skifan. Der schneesichere Gletscher im Salzburger Land verspricht ungebremstes Skivergnügen und zieht alljährlich viele Begeisterte aus nah und fern an.

Auch Jesus Reguera Truco aus dem sonnigen Madrid ist hierhergekommen. Allerdings lässt ihn Skifahren komplett kalt. Er ist hier, um zu arbeiten.
Wie auch zwei andere Landsleute aus Spanien sitzt er hinter dem Lenkrad  des Postbusses, um die zahlreichen Wintersportlerinnen und -sportler zu den Liften und zur Piste zu bringen.

Busfahren statt Skifahren

„Nein, ich bin noch nie Ski gefahren“, lacht der 31jährige und erzählt: “Das ist nichts für mich. Ich spiele lieber Fußball. In Spanien bekommen alle Kinder, wenn sie klein sind einen Ball. Hier sehe ich schon Dreijährige oder Fünfjährige, die mit ihren Eltern Skifahren gehen. Das habe ich nicht erwartet. Das ist verrückt für mich!“

Jesus fährt lieber Bus. Denn fahren ist seine große Leidenschaft.
Am liebsten lenkt er die ganz Großen, da ist ein Postbus genau das richtige. Dass in Österreich Postbusfahrer:innen gesucht werden, hat er von einer Bekannten erfahren. Nach einer kurzen Bedenkzeit sagte er zu.

Etwas Neues ausprobieren

„Ich war in meinem Leben davor dreimal außerhalb Spaniens“, erzählt er: “Ich habe in Madrid gearbeitet, aber ich wollte etwas Neues ausprobieren, eine neue Erfahrung machen. Da kam mir das Jobangebot genau recht.”

Es gab aber auch Herausforderungen; „Ich spreche kein Deutsch, ich übe zwar immer, aber um es zu erlernen ist die Saison mit 4 Monaten zu kurz. Und das Wort Kitzsteinhorn ist für mich ein echter Zungenbrecher.“ 
Verstehen tut sich Jesus trotz Verständigungsproblemen aber mit allen gut.

Er erinnert sich da gern an eine spezielle Stammgästin: “Ich fahre immer mit einer älteren Dame, die hier von Kaprun ist. Sie geht fast jeden Tag Skifahren. Und sie gibt mir immer ein kleines Stück Schokolade beim Einsteigen.
Sie ist sehr nett zu mir, weil sie sieht, wie sehr ich mich bemühe. Sie spricht kein Wort Englisch, aber wir verstehen uns, das ist sehr schön.“

Freund der Berge

Die Landschaft, durch die Jesus den Postbus lenkt, findet er wunderbar und sie wirkt auf ihn ein klein wenig vertraut. Er erzählt: “Meine Eltern haben ein kleines Haus in den Bergen bei Madrid. Dort haben sie mich immer als Kind mit hingenommen, wir sind gewandert und haben uns in der Natur bewegt. Und die Berge sehen gar nicht so unterschiedlich aus, auch in Spanien gibt es Hochgebirge.

Was für mich aber hart ist, sind die Temperaturen. Es ist so kalt hier! Überall wo ich hinkomme, ist es richtig kalt. Ich bin immer dick angezogen, aber trotzdem. Das ist neu für mich. Aber ich wollte ja etwas neues ausprobieren!“, lacht er und beobachtet, wie die Skigäste in den Bus hineinströmen und dabei mit ihren Skischuhen klappern.

Nächstes Jahr wieder

Für die nächste Saison ist sein Entschluss schon gefasst. Er möchte wiederkommen und Postbus fahren. Er und seine spanischen Landsleute sind von den Kollegen gut aufgenommen worden, der Job passt und Jesus ist mittlerweile auch Freund der heimischen Küche geworden: “Schnitzel! Ich liebe Schnitzel! Ich liebe dieses Gericht, das könnte ich jeden Tag essen. Schon allein deswegen würde ich wiederkommen!“
Der Fahrtag geht zu Ende, die Busse werden in der Postbusgarage in Zell am See geparkt. Vielleicht geht Jesus heute noch ein Schnitzel essen.