Gleisgeschichten: Mario und die Schnellbahnlegende

04. 12. 2022

Wie der letzte fahrbare 4030 zum S-Bahn Jubiläum wieder auf Schienen gebracht wurde.

Ein nebliger, kalter Novembertag am Bahnhof Praterstern. Doch so mancher kommt nicht aus dem Staunen heraus, als ER vorfährt: der Eisenbahn-Oldie 4030! In der klassischen Farbkombination Saphirblau & Elfeinbein und mit auffälliger orangefarbener Schürze sowie Zierspitz zieht er jede Menge Blicke auf sich. Zweifellos ist das ein historischer Zug, der jetzt in den neuen Stationen beinahe etwas aus der Zeit gefallen scheint.

Manche rätseln nun verwundert, denn sie haben eigentlich einen Cityjet erwartet. Die Meisten freuen sich aber, unverhofft einen guten alten Bekannten wiederzusehen. Denn vor ihnen steht ein echter 4030er, ein Triebwagen der ersten Generation der Wiener Schnellbahn. Ab 1962 waren diese Züge im unermüdlichen Einsatz und prägten vier Jahrzehnte das Stadtbild Wiens. Mittlerweile sind sie allerdings schon fast eine gefühlte Ewigkeit ausgemustert.

© ÖBB / Newsonvideo

Und jetzt ist einer von ihnen wieder da! Die Türen gehen auf und laden zum Mitfahren ein: Denn an diesem Tag fährt der 4030er sozusagen im „Planverkehr“. Drei Mal geht es vom Westbahnhof bis nach Floridsdorf und wieder retour. Die Mitfahrt ist kostenlos, auch wenn man sich über Spenden sehr freut. Das lassen sich viele nicht zwei Mal sagen und genießen eine Überraschungsfahrt im Vintage-Zug!
Dass es eine einmalige Gelegenheit ist, sieht man an den aufgeregten Trainspottern, die sich über die gesamte Strecke an den attraktivsten Spots aufgebaut haben und mit der Kamera Spalier stehen.

Das Comeback einer Legende

„Man kann schon sagen, dass der 4030er eine Legende ist“, lacht Mario Zelschacher. Er ist der Organisator dieser Sonderfahrt und Leiter des Eisenbahnmuseums in Schwechat, wo der 4030er den Rest des Jahres zu bewundern ist. „Wer bis 2002 auf der Schnellbahn-Stammstrecke unterwegs war, ist bestimmt schon einmal mit so einer Garnitur gefahren. Da die S-Bahn in Wien heuer ihr 60-Jahr-Jubiläum feiert, haben wir im Museum eine Sonderausstellung gezeigt. Und als Abschluss und Höhepunkt ist es uns gelungen, dass der 4030er wieder betriebsbereit ist und heute auf der Stammstrecke unterwegs ist, so wie früher!“

Mario in der Lok

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Ein Herzensprojekt

Mario hat mit Gleichgesinnten unzählige Arbeitsstunden in die Erhaltung und den Wiederbetrieb der Garnituren gesteckt, die übrigens unter Denkmalschutz stehen - mit viel Herzblut versteht sich, schließlich ist der Zug 70 Meter lang! Allein der aktuelle Fahrt-Tag ist das Ergebnis von jahrelangen Vorbereitungen: “Im Endeffekt hat es sich jetzt drei Jahre lang gezogen, bis man alles beisammen hat, eine gültige Netzzustimmung bekommt und fahren darf“, resümiert Mario und ergänzt: "Wenn du das erste Mal drinsitzt und dann damit fährst - dieses Gefühl  ist unbeschreiblich!“

 

Fahrplan

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Die 4030er

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© ÖBB / Newsonvideo

Eine Zeitmaschine

Unzählige Fotos wurden an diesem Novembertag geschossen, hunderte Stunden Videos aufgenommen, Tiktoks erstellt und die Eisenbahnforen, ja, das ganze Internet damit geflutet! Damit ist klar: Die 4030er-Jubiläumsfahrt war ein Blockbuster unter den Eisenbahnenthusiast:innen und ein voller Erfolg. Mehr noch: Sie war ein Erlebnis. Wohl auch, weil es die Möglichkeit so selten gibt, diesen Zug in voller Aktion zu sehen. Marios Plan für die Zukunft ist es, die Schnellbahnlegende betriebsbereit zu halten. Man weiß ja nie, wann sich wieder einmal die Gelegenheit bietet, den 4030er zurück auf die Schiene zu bringen!

Zeitmaschinen gibt es also doch, sie sind nur selten in Betrieb.

Die 4030er von vorne

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Am 8.12 erwartet das Eisenbahnmuseum Schwechat besondere Gäste: Krampus und Nikolo laden ein zu Sonderzugfahrten, in Zusammenarbeit mit der Kaltenleutgebnerbahn, nach Perchtoldsdorf und zurück. Das Museum ist einfach mit der S7 zu erreichen, der Eingang befindet sich gegenüber dem Bahnhof Schwechat.