Gerhard reist, soweit die Gleise reichen

14. 05. 2022

Keine Strecke ist ihm zu weit, keine Destination zu exotisch. Mit dem Zug in weit entfernte Länder zu reisen und darüber zu berichten - das ist die Leidenschaft des Salzburger Eisenbahnabenteurers Gerhard Liebenberger.

Der Salzburger Eisenbahnabenteurer

Wenn das Sprichwort „Wenn einer eine Reise tut, dann kann er was erzählen“ auf jemanden zutrifft, dann ist es Gerhard Liebenberger. Mit dem Zug in weit entfernte Länder zu reisen und darüber zu berichten ist seine Leidenschaft. Auf seinem Blog „Anders reisen“ schreibt er wie es ist, im Nachtzug durch Südostasien zu fahren. Oder man schaut ihm auf Youtube zu, wie er durch die Mongolei oder durch Kuba auf den Schienen unterwegs ist. Immer und immer wieder bricht er so zu neuen Bahnabenteuern auf.

Wie viele Kilometer Gerhard dabei schon zurückgelegt hat, weiß er selbst nicht mehr. „Ich weiß nur, dass ich bei meiner Zugreise von Österreich bis Bangkok mit Schleifen über Japan rund 27500 Kilometer unterwegs war. Aber nachdem ich doch schon viermal auf unterschiedlichen Strecken mit der transsibirischen Eisenbahn gefahren bin, weiter durch China, mehrmals und regelmäßig durch Südostasien und natürlich Europa…keine Idee, wieviel das ist.“ meint der Zugliebhaber - und hat dabei nicht einmal seine Bahnreisen durch Kuba oder Südafrika miteingerechnet. Aber um Rekorde geht es Gerhard gar nicht. Der Weltenbummler fährt einfach lieber mit langsamen Bummelzügen als auf Hochgeschwindigkeitsverbindungen, denn er sucht das Bahnabenteuer.

Bewegte Momente

Angefangen hat alles im Jahr 2009. Gerhard hat zu dieser Zeit eine Fixanstellung als Citymanager von Seekirchen am Wallersee. „Ich wollte damals eine kurze Auszeit vom Job“, erinnert er sich. „Ich habe dann beschlossen, im Winter mit der Transsibirischen Eisenbahn bis nach Peking in China zu fahren. Niemand wollte mitkommen, weil es zu weit oder auch zu kalt war und so bin ich alleine aufgebrochen. Grundsätzlich hatte ich die Idee, das nur komische Typen alleine reisen. Als ich unterwegs war, habe ich aber rausgefunden, dass ich selten allein war - und sehr offen anderen Menschen gegenüber.“ Das Reisefieber packt ihn immer heftiger und nach 26 Tagen in Peking weiß er, dass diese Bahnreise sein Leben verändert hat.

Während seiner ersten großen Zugreise beginnt der Abenteurer auch, über seine Erlebnisse auf einem Blog zu berichten. „Die ersten Geschichten von unterwegs waren einfach nur für die daheimgebliebenen Freunde geschrieben. Da habe ich dann festgestellt, dass Leute mitlesen, die ich gar nicht kenne, und mir gedacht: das interessiert viele andere auch“, erinnert er sich. Er beginnt darin eine Chance für sein Leben zu sehen. Nach einigen Überlegungen stellt er die Weichen für seine Zukunft: Er kündigt seine Arbeit als Manager, um weiter reisen zu können. Mit seinem Blog „Anders reisen“ beginnt er, von seinen ausgedehnten Zugreisen zu berichten und praktische Tipps zu geben - für alle, die es ihm gleichtun wollen.

© Gerhard Liebenberger

Die nächste Reise sollte dann gleich 8 Monate dauern. Mit Eisenbahn und Schiff von Österreich aus geht es wieder mit der transsibirischen Eisenbahn nach Japan und von dort weiter bis nach Thailand.

Das Fernweh ist seither Gerhards ständiger Begleiter, er ist immer auf der Suche nach neuen Schienenabenteuern. "Einmal bin ich drei Stunden in Indien auf einem Bein in einem Zug gestanden. Das Abteil war so dermaßen voll, dass ich den zweiten Fuß nicht abstellen konnte. Jetzt weiß ich, wie das ist, das reicht mir dann aber auch“, lacht er und beginnt zu schwärmen. „Das Bahnfahren zu fernen Zielen hat viele Reize. Man kriegt mit, wie sich die Landschaft langsam verändert, wie sich die Sprache verändert, wie sich Gerüche verändern und wie sich die Menschen verändern. Und das ist für mich das Feeling des Unterwegsseins pur.“

© Gerhard Liebenberger

Gebremste Reiselust

Im März 2020 war es dann erstmal vorbei mit der ungebremsten Reiselust. COVID und der darauf folgende erste Lockdown kamen wie ein Schock. Gerhard, der gerade noch in Asien unterwegs war, sitzt plötzlich in Salzburg fest. „Binnen einer Woche ist für mich eine kleine Welt zusammengebrochen. Geplante Reisen waren nicht mehr möglich, meine Reisevorträge, die ich mache, hat es nicht mehr gegeben. Noch schlimmer war aber die Tatsache, dass sich niemand mehr für das Thema Fernreisen mit dem Zug interessierte. Ich habe das an den Zugriffen zu meinem Blog deutlich gemerkt“, fasst er zusammen. Gerhard stellt sich in dieser Zeit oft die Frage, ob das alles noch einen Sinn hat. 

Nach einer Nachdenkphase beschließt er, mit dem Thema Zugreisen weiterzumachen. Nur waren Orte und Strecken, über die er nun erzählte, nicht mehr ganz so fern.

© ÖBB / Posch

Auf zu neuen Zielen

Urlaub in Österreich und den Nachbarländern mit dem Zug ohne Auto war der neue Schwerpunkt. Für Gerhards Follower gab es nun statt spicy Streetfood in Bangkok  bodenständige Kulinarik in Graz, statt Singapur Linz von Oben und statt Dschungeltrails Radfahren entlang der Drau. Das Publikum blieb im treu, weil Bahnfahren nach wie vor im Trend ist, vielleicht aber auch, weil das Nahe ebenso unbekannt ist wie das Ferne.

„Es ist schon komisch,“ sinniert er, „da fährt man tausende Kilometer, um irgendwas besonders zu erleben, und stellt dann fest, dass man das was vor der Haustür ist, gar nicht gesehen hat oder sogar nicht sehen wollte, weil man den Blick nicht drauf gehabt hat. Ich habe so viele Gegenden bereist, wo ich so gar nicht hingekommen wäre.“ lacht er und wird dann aber gleich wieder nachdenklich. „Für weite Zugreisen ist es nach wie vor schwierig. Die Lage hat sich  zwar einigermaßen beruhigt und Reisen in Europa mit dem Zug sind wieder gut möglich. Manche durch Corona ausgefallene Verbindungen gibt es aber weiterhin nicht, zum Beispiel den Nachtzug von Paris nach Lissabon. Und jetzt durch den Krieg sind direkte Zugreisen von Österreich nach Asien nicht möglich, da ist dann an der russischen Grenze Schluss. Es ist nicht abzuschätzen, wann es wieder möglich sein wird, hier in Salzburg am Bahnhof einzusteigen und in Singapur wieder auszusteigen, natürlich mit einigen Umstiegen,“ ergänzt er. 

© Gerhard Liebenberger

 

Mittlerweile war Gerhard auch schon wieder in Thailand, nur erfolgte die Anreise diesmal notgedrungen mit dem Flugzeug. Dort angekommen war er aber ausschließlich auf Schienen unterwegs. Echte Abenteurer kann halt nichts aufhalten.

Die für die Gleisgeschichte verwendeten Aufnahmen hat Gerhard bei seinen zahlreichen Zugabenteuern gemacht, sie sind in voller Länge auf seinem Youtube-Channel oder auf seinem Blog zu sehen. Dort finden sich auch tolle Tipps für das Reisen mit dem Zug.