Bau Koralmbahn: Römische Staatsstraße freigelegt

30. 08. 2021

Unter dem Motto „für die Zukunft bauen und auf die Vergangenheit achten“, wird beim Bau der Koralmbahn großer Wert auf Kulturgüter gelegt. Zwischen Feldkirchen und Weitendorf gibt es nun eine besondere Premiere: Erstmals seit 1937 wird ein Teilstück der römischen Staatsstraße durch das Murtal freigelegt.

„Diese Straße, errichtet vor knapp 2000 Jahren, war beim damaligen Stand der Technik ein Infrastrukturprojekt, vergleichbar mit jenem der Koralmbahn. Mit Unterstützung der ÖBB war es erstmals seit 1937 möglich, einen 486 Meter langen Abschnitt beim Güterterminal Werndorf komplett freizulegen – trotz komplexer Rahmenbedingungen“, erklärt Gerald Fuchs, Leiter der ARGIS Archäologie Service GmbH. Bereits vor Baubeginn wurde dort die römische Staatsstraße mit der Abzweigung einer römischen Nebenstraße erwartet. Die Erwartungen wurden noch übertroffen.

Neues Megaprojekt trifft auf altes

„Im Grazer Feld war die Fahrbahn der römischen Schotterstraße rund neun Meter breit. Dazu kommen noch die beiden Straßengräben, parallele Reitwege und Trampelpfade – zusammen ergibt das ungefähr 23 Meter Breite“, so Fuchs. Die etwa 200 km lange römische Staatsstraße war eine wichtige inneralpine Verbindung zwischen der Bernsteinstraße im Osten von Aquileia bei Grado (Oberitalien) nach Vindobona (Bad Deutsch Altenburg, NÖ) und der Alpenquerung von Oberitalien nach Virunum – der „Norischen Hauptstraße“ von Maria Saal bei Klagenfurt bis nach Enns an der Donau.

Zeugnisse der Vergangenheit bewahren

ÖBB-Geschäftsbereichsleiter Hubert Hager freut sich ebenfalls über die wertvollen Entdeckungen: „Wir freuen uns, dass wir mit der Koralmbahn nicht nur ein neues Jahrhundertprojekt umsetzen, sondern auch die Gelegenheit haben, Licht auf historische Infrastrukturbauten zu werfen. Die Zeugnisse der Vergangenheit zu bewahren ist den ÖBB ein großes Anliegen, weshalb der Streckenbereich zwischen Feldkirchen und Weitendorf bereits seit 2003 archäologisch erforscht wird – auch unter Verwendung alter Karten, Aufnahmen, Kartierungen und aktueller Luftbilder.“

Koralmbahn als Hot Spot für die Archäologie

Die Freilegung der römischen Staatsstraße reiht sich in eine beachtliche Anzahl archäologischer Fundstellen entlang der Koralmbahn ein. In der Weststeiermark fand man im Leibenfeld das erste mittelbronzezeitliche Grabmonument aus dem 15. bis 14. Jh. vor Chr. sowie ein dichtes Netz aus früheren Wegen und Fahrspuren. Im Lassnitztal wurde eine komplette Siedlungslandschaft entdeckt, mit Fundstellen aus der Jungsteinzeit, Bronzezeit, Urnenfelderzeit, Latènezeit und der Römerzeit. Eine rund 26 Kilometer lange römische Nebenstraße führt nach Deutschlandsberg. In der Steiermark und in Kärnten wurden Tausende Funde geborgen, die völlig neue Erkenntnisse zur Siedlungsgeschichte erbringen.