Helmut und seine 15.000 stacheligen Mitbewohner

21. 07. 2021

Helmut erzählt uns davon, wie er es schafft sich um so viele Pflanzen zu kümmern und was er dabei besonders beachten muss.

Am Schulweg zum Hobby fürs Leben 

Wir dürfen euch in dieser Woche bei „Erd & Äpfel – Geschichten übers Garteln und Pflanzen“ Helmut vorstellen, der seit 45 Jahren im Team ÖBB ist. Derzeit als Leiter des Geschäftsfeldes Warenversorgung in Knittelfeld bei der ÖBB Infrastruktur. Österreichweit kümmern sich in diesem Segment rund 470 Mitarbeiter:innen um die Materialversorgung und Komponentenfertigung. Doch der Steirer hat nicht nur Baustellen zu versorgen, privat kümmert er sich um über 15.000 grüne stachelige Pflanzen. Eine beruhigende Aktivität als Ausgleich zum oft hektischen Arbeitsalltag.

Ein geerbtes Hobby – wie alles begann

Die Leidenschaft für die stacheligen Gesellen schlug schon im Volksschulalter ein: An ihrem Schulweg kamen Helmut und seinen Bruder immer bei einer Gärtnerei vorbei. Dort bewunderten sie vor allem die Kakteengewächse. Und auch die Liebe zum Garten wurde ihnen quasi in die Wiege gelegt: „Mein Vater war ein Pflanzennarr“, erzählt er. Die ersten Exemplare ergatterte allerdings sein Bruder. 1982 übernahm Helmut dann kurzerhand, und dann ging es Schlag auf Schlag: Er trat dem Verein „Gesellschaft österreichischer Kakteenfreunde“ bei, dem er noch immer treu ist. „Ich begann mit 13 Kakteen, mittlerweile sind es 15.000“, berichtet er stolz.

Die erste Aussaat und wie man nachhaltig Kakteen züchtet

Der Großteil seiner Sammlung, circa 70 %, bestehen aus Kakteen, die er selbst aus Samen großgezogen hat. Schönes Detail am Rande: Diese Kakteen stehen noch immer bei ihm. Sein aktuell größter Besitz ist ca. 3,5 Meter groß. Die besten Tipps, um selbst mal so eine große Pflanze sein Eigen nennen zu dürfen: Nicht zu viel gießen, denn Kakteen stehen nicht auf Staunässe. Am besten den Übertopf weglassen und natürlich ganz wichtig: viel Licht. „Such dir den hellsten Platz im Wohnbereich“, rät hier der Kenner. Man brauche Kakteen gar nicht gießen, sei übrigens ein Irrglaube, Helmuts Empfehlung: Die Pflanzen von April bis Oktober alle 10 bis14 Tage und von Ende Oktober bis Ende März max. einmal pro Monat gießen. Das Übergießen wiederum führt oft zu Pilzbefall. Kakteen haben auch öfter mit Schädlingen zu kämpfen. Den Spinnmilben („roten Spinne“) oder Wollläusen rückt man am besten mit Rapsöl/Pyrethrum zu Leibe.  

Handschuhe oder keine Handschuhe – das ist hier die Frage

Helmut ist ein Pragmatiker in Sachen Schutz: „I hob in mei Lebtog noch nie Handschuhe onghobt!“, gesteht er. Schmerzempfindlichen Menschen empfiehlt er die Verwendung von Zeitungspapier beim Umtopfen der Pflanzen. Was auch wichtig ist: Kakteen benötigen Streicheleinheiten. Am Klang ihrer Stacheln erkennt man, ob die Pflanze gesund ist. So verrate „ein dumpfes Geräusch beim darüberstreichen, dass die Pflanze mit großer Wahrscheinlichkeit innen faul und somit krank ist“, erklärt der Fachmann.  

Artenschutz und Vielfalt fördern

Kakteen sind streng geschützte Pflanzen und der Handel zumeist stark reglementiert. An natürlichen Standorten wie in Mexiko zum Beispiel braucht man eine Sammelerlaubnis, ansonsten kann man nur fotografieren und dokumentieren.

Helmuts aktiver Beitrag zum Artenschutz besteht darin, generell keine Wildentnahmen zu machen – er hat sich der Züchtung verschrieben. Mehr als ein Jahrzehnt verschickt er rund 14.000 Portionen Samen pro Jahr für den Verein in die ganze Welt. Dabei ist ihm besonders wichtig, nur artenreine Samen im Umlauf zu bringen. Er hat sich auf mexikanische und nordamerikanische Gattungen spezialisiert. Vorteil: Sie sind robuster, temperaturunempfindlicher und können auch problemlos null Grad Außentemperatur aushalten – dadurch sinken die Heiz- und Energiekosten im Glashaus.

Spricht man über das eigene Großziehen von Pflanzen, dann gerät er ins Schwärmen: „Man sollte nichts unversucht lassen, einen Kaktus aus Samen selbst zu ziehen. Man lernt geduldig zu sein, ja, man kann beim Beobachten richtig runterkommen. Und dann hat man das Erfolgserlebnis, wenn die Pflanzen ihre Blüte zeigen. Ein Wahnsinns-Gefühl.“

Neugierig geworden? Helmut kann man persönlich an den Knittelfelder Kakteentagen antreffen, die 2021 wieder von 24. bis 26. September stattfinden werden. Mehr Informationen gibt es hier

 Vielen Dank Helmut für dieses Gespräch!