Die Birke und ihr Wasser – o‘zapft is!

07. 05. 2021

Nein, hier geht es nicht um bierige Freuden, sondern um birkige!

Im Frühjahr lässt sich nämlich aus dem Baumstamm einer Birke ein spezielles Wasser zapfen, dem seit dem Altertum heilende Kräfte nachgesagt werden. Ein Selbstversuch.

Auf unserem Grundstück (wir wohnen in der niederösterreichischen Thermenregion) steht eine zirka 30 Jahre alte Birke. Birken sind echte Überlebenskünstler, die gerne überall dort wachsen, wo es anderen Bäumen zu feucht, zu trocken, zu sauer oder zu arm an Nährstoffen ist. Die Birke wird in vielen Ländern „Baum des Lichts“ genannt und es gibt allerhand Legenden und Mythen. Tatsache ist, dass früher Dachziegel, Behälter oder sogar Schuhsohlen aus Birkenrinden gefertigt wurden. Das haben wir nicht probiert, allerdings wollten wir heuer versuchen, an ihr Wasser ran zu kommen. Denn das soll heilende Kräfte haben. Ok, wir sind weder von Gicht geplagt noch haben wir im Lockdown übermäßig viel Alkohol getrunken und müssen unsere Nieren von Giftstoffen aller Art reinigen, noch planen wir, in eine Schlacht zu ziehen (Wikinger und Germanen versprachen sich durch das Wasser mehr Kraft und Schutz für weite Reisen). Aber ein wenig „Frühjahrs-Schwung“ können wir gut gebrauchen. Also…

Das Thermometer zeigt 15 Grad, die Sonne scheint: Wir nähern uns unserer Birke und legen die Ohren auf ihren Stamm. In Skandinavien behaupten die Menschen, dass man hören kann, wenn das Birkenwasser im Frühjahr von der Wurzel durch den Stamm in die Krone fließt. Das Birkenwasser versorgt die jungen Triebe der Blätter und der Knospen mit Energie und allen wichtigen Nährstoffen, die der Baum in jedem Frühling braucht. Kein Rauschen ist zu hören, wohl aber aufgeregte Kinderstimmen - „Mama, hörst du was?“ – und der bellende Nachbarhund, der sich empört darüber zeigt, dass wir uns in diesen selten frequentierten Winkel unseres Gartens wagen.

Birken sind in vielen Frühjahrsbräuchen verankert – für Zahnausfall sind sie nicht verantwortlich, allerdings für so manche Birkenpollenallergie.

Wir machen uns ans Werk und zwar so:

  • In ungefähr 25 Zentimeter Höhe bohren wir ein Loch in den Stamm. Wir achten darauf, dass es nicht mehr als drei Zentimeter tief ist und der Durchmesser einen halben Zentimeter nicht überschreitet.
  • Wir schieben ein Röhrchen aus Glas in das Loch und stellen einen Behälter (ebenfalls aus Glas, andere Materialien könnten den Geschmack verfälschen) darunter, um das Wasser aufzufangen.
  • Hm. Leider tut sich nichts. Wir waren wohl auch heuer wieder zu spät dran. Für das nächste Jahr merken wir uns: Mehr als drei Liter sollte man nicht zapfen, denn das würde dem Baum schaden, und das wollen wir nicht.
  • Wir verschließen das Loch im Stamm mit einem Korken in passender Größe. Wenn Birkensaft geflossen ist, sollte man den Baum zwei Jahre in Ruhe lassen. Denn diese Schonfrist braucht die Birke, um sich erholen und regenerieren zu können.

Birkensaft ist ein reines Naturprodukt und hält sich gekühlt nicht länger als maximal drei Tage. Wenn Birkensaft zapfen keine Option ist, lässt sich das gesunde Wasser auch fertig abgepackt kaufen, was aber nicht mehr dasselbe ist wie frisch vom Baum. Wir sagen: Prost & wohl bekommt’s!

Pssst, hier noch ein paar Geheimnisse der Birke:

… in Sachen Küche: Die Knospen lassen sich trocknen und dann in einem Mörser mahlen. Das so entstehende „Birkenmehl“ taugt prima für eine Frühjahrskur: Zwei Wochen lang morgens und abends je einen halben Teelöffel einnehmen – stärkt das Immunsystem. Aus getrockneten Blättern lässt sich ein belebender Tee kochen: Vier Esslöffel in zwei Liter Wasser aufkochen, 10 Minuten ziehen lassen und am besten vormittags trinken. Birkenblättertee wirkt entwässernd, blutreinigend und entzündunghemmend.

… in Sachen Schönheit: Birkenhydrolat hat eine straffende Wirkung und eignet sich auch sehr gut als Unterlage für ein Straffungsöl, als reinigendes Gesichtswasser oder als Rohstoff für die Naturkosmetik. Hier eine empfehlenswerte Bezugsquelle.

Schon gewusst: Birken sind traditionelle Maibäume, weil sie für Kraft und Lebenswillen stehen.

Empfehlenswerte Arten für alle, die sich einen Birkenbaum pflanzen wollen: Hängebirke Sorte „Crispa“, Moor-Birke, Himalaya-Birke, Kupferbirke. Der Standort sollte möglichst frei und sonnig sein. Die „Pioniergehölze“ sind relativ anspruchslos.  

Birke kommt vom althochdeutschen Wort „bircha“ für „glänzend“ oder „schimmernd“.

Ich wünsche gutes Gelingen beim Zapfen, eure Kathi!

Katharina ist Kommunikatorin beim ÖBB Personenverkehr und liebt ihren Garten in dem die besagte „angezapfte“ Birke steht. Mehr über die Autorin findet ihr hier.