Ansaat & Anzucht von Jungpflanzen

08. 04. 2021

Interview mit Ewelina und Ygua

Redaktion: Liebe Ewelina, wie gestaltet sich für dich die optimale Ansaat? Wie machst du das genau?
Ewelina: Ich verwende für die Ansaat Anzuchtkästchen aus Plastik mit einem Deckel. Zuerst ziehe ich die Pflanzen in der Wohnung mit geschlossenem Deckel an und sobald sie ca. 2 Wochen alt sind und die Temperaturen draußen es zulassen, temperiere ich die Setzlinge im Folienhaus am Balkon. Das ist sehr wichtig, sonst wachsen mir die Pflanzen nur in die Höhe und sind sehr dünn – in der Wohnung gibt es Wasser und Wärme aber zu wenig Sonne. Im Frühling gehen die Temperaturen in der Nacht noch öfter unter 0 Grad, daher hole ich die Pflanzen wenn es dunkel wird immer in die Wohnung zurück bis Plusgrade herrschen.

Redaktion: Wann ist deiner Meinung nach der richtige Zeitpunkt für den Start?
Ewelina: Das hängt immer von der Gemüse- bzw. Kräuter-Sorte ab. Paprika, Chili und Melanzani z.B. werden bei mir schon sehr früh angezogen – ich starte mit der Aussaat Mitte/Ende Februar. Diese Pflanzen wachsen sehr langsam und Melanzani braucht auch lange zum Keimen. Tomaten und Basilikum baue ich ab Anfang/Mitte März an – Tomaten brauchen viel Sonne und werden bei zu früher Anzucht lang und schwach. Bei anderen Kräutern richte ich mich meistens nach Empfehlungen auf der Samenverpackung.

Redaktion: Welche Erde verwendest du beim Ansäen?
Ewelina: Ich verwende eine Kräuter- und Gemüse-Bioanzuchterde.Redaktion: Welche Tipps möchtest du uns ans Herz legen, Ewelina? Ewelina: Sobald es geht, die Pflanzen an die frische Luft und Sonne bringen. Das Licht in der Wohnung ist zu schwach und die Temperatur dafür zu hoch. Bereits bei ca. 5 Grad morgens können die Pflanzen problemlos in ein Folienhaus – oder in einem Anzuchtkästchen mit Deckel – nach draußen gebracht werden. Es passiert ihnen nichts und sie sollen nicht zu schnell wachsen. Wichtig ist nur, wenn sie für die Nacht in die Wohnung zurückgebracht werden, den Deckel möglichst lange geschlossen lassen, damit die Temperatur eher langsam steigt oder an einen eher kühleren Ort bringen. Junge Pflanzen reagieren stark auf einen Temperaturschock, normalerweise erholen sie sich aber schnell wieder.

Weitere Tipps von mir sind:

  • Melanzani-Samen vor der Anzucht über Nacht in Wasser legen.
  • Gurken vorziehen ist nicht notwendig, denn sie wachsen sehr schnell und vertragen das Umsetzen eher schlecht.
  • Am Balkon auf Feuchtigkeit im Anzuchtkästchen und Folienhaus achten.
  • Lüften ist immer wichtig! Mir sind schon öfter die Beschriftungsstäbchen aus Holz im Folienhaus verschimmelt.
  • Nicht zu viele Samen verwenden! Gutes Saatgut geht normalerweise fast zu 100 % auf. Am Balkon braucht man daher nicht zehn Samen in einen Anzuchttopf geben, wo danach eine Pflanze weiterwachsen soll. 2-3 Samenkörner reichen und dort, wo die eine oder andere nicht aufgeht, kann man die Überschüssigen setzen.

Wie viele Pflanzen ich überhaupt brauche, sollte auch vor der Aussaat geschätzt werden. Man kann natürlich auch für andere anbauen und verschenken.

Redaktion: Spitze, vielen Dank Ewelina – wir freuen uns jetzt schon auf die Fotos deiner blühenden Oase!

Redaktion: Liebe Ygua, du bist seit sechs Jahren stolze Balkonbesitzerin – wie sieht bei dir die optimale Ansaat aus?
Ygua: Ich beginne meist schon zeitig mit der Ansaat Anfang März. Als Behälter nehme ich die Anzuchtschalen aus dem Gartencenter, die sind sehr praktisch. Diese kommen auch in ein kleines Gewächshaus, damit Licht, Wärme und hohe Luftfeuchtigkeit entstehen, die das Keimen unterstützen. Alternativ dienen auch kleine Töpfe oder Papierrollen, bei denen man eine Seite zu einem Boden zusammenfaltet und darüber ein Glas stülpt, Frischhaltefolien oder PET-Flaschen als Gewächshaus. Wichtig ist, Qualitätssaatgut beim Fachhandel zu besorgen und auf Bio, Raritäten und regionale Sorten zu achten, um Biodiversität und Nachhaltigkeit zu fördern und invasive Pflanzen zu vermeiden. Es gibt auch Saatgutbörsen, wo man Samen tauschen oder erwerben kann, in Österreich z.B. bei Arche Noah.

Redaktion: Mit welcher Erde arbeitest du?
Ygua: Ich verwende spezielle Aussaaterde aus dem Gartencenter. Sie lässt sich aber auch einfach selber herstellen. Dafür einfach gängige Standarderde und Sand im Verhältnis 2:1 mischen. Diese Erde enthält keinen Dünger und ist locker und keimfrei, so werden die Pflänzchen angeregt, kräftige Wurzeln auszubilden.

Redaktion: Möchtest du uns noch einen persönlichen Tipp verraten, Ygua?
Ygua: Man kann im Herbst auch selber Samen für das nächste Jahr aus der eigenen Ernte gewinnen – allerdings nicht bei Hybridsorten, die mit dem Zeichen „F1“ auf der Packung ausgewiesen sind. Wichtig ist, die Samen mit Sorte und Erntejahr zu beschriften. Und nicht vergessen, ein Etikett bei jedem Topf einzustecken, damit man später weiß, was man eingepflanzt hat.

Redaktion: Gab es schon mal das ein oder andere Hoppala bei deinem Hobby?
Ygua: Ja, da kann ich vielleicht Licht ins Dunkel bringen was die Unterscheidung von Licht- und Dunkelkeimern angeht. Die einen werden nicht mit Erde bedeckt, die anderen schon und so hatte ich schon etliche Misserfolge, weil ich dazu tendiere alle mit Erde zu bedecken.

Redaktion: Was machst du am liebsten am Balkon?
Ygua: Kontrollieren, ob alles schön wächst. Ich beobachte sehr gerne das Wachsen und Blühen meiner Pflanzen. Und wenn ich endlich etwas ernten kann, ist es ein tolles Gefühl!

Redaktion: Fantastisch – vielen Dank Ygua, dass du uns in dein Hobby eintauchen lässt. Wir freuen uns schon auf deine Erfolgsgeschichten aus Balkonien.