So geht echte Nachhaltigkeit

30. 05. 2022

Wir sind schon heute Vorreiter:innen beim Klimaschutz und wollen stärker Richtung Kreislaufwirtschaft gehen. Was das bedeutet und wie das aussehen kann, zeigt uns das Beispiel Wasserkraftwerk Spullersee.

Nachhaltigkeit ist mehr als Klimaschutz. Den Klimawandel zu stoppen, sollte für Gesellschaft, Politik und Wirtschaft oberste Priorität haben. Hier sind die ÖBB mit ihrem Beitrag als eines der größten Klimaschutzunternehmen Österreichs bereits ein echtes Vorbild. Im Rahmen unserer ÖBB Klimaschutzstrategie setzen wir dafür alle Hebel in Bewegung.  Aber: Klimaschutz ist „nur“ ein wichtiger Aspekt von vielen. Im Moment verbrauchen wir Menschen Ressourcen viel schneller, als sie unser Planet wieder erneuern kann. Auf Dauer schränken wir mit diesem Verhalten die Potenziale nachfolgender Generationen ein.

"Deshalb müssen wir die richtige Balance zwischen unserem Ressourcenverbrauch und der Regenerationsfähigkeit der Erde finden – oder anders gesagt: unsere aktuell lineare Wirtschaft in eine nachhaltige Kreislaufwirtschaft überführen“, erklärt Laura Fariello, Teamkoordinatorin Nachhaltigkeit und Klimaschutz in der Holding. Als ÖBB möchten wir auch hier vorne mitspielen.

Aus Alt mach Neu

Was bedeutet Kreislaufwirtschaft? „Im Kern geht es darum, Ressourcen möglichst effizient zu nutzen, schadstoffarm zu produzieren und die Nutzung von Primärrohstoffen wie zum Beispiel Frischholzfasern zu reduzieren“, so Laura Fariello weiter. Für den Alltag heißt das dann beispielsweise: konsequent Material einsparen, reparieren statt wegwerfen und recyceln. Nach diesen Prinzipien handelten wir z. B. bei der Modernisierung des Kraftwerks Spullersee in Vorarlberg: Abgebrochene Materialien wie Beton oder Metallrohre wurden wiederverwertet, zum Beispiel als Bettung für neue Rohre bzw. als Alteisen.

© ÖBB / Wippersberger

Aus Wasser mach Strom

Nicht nur das Baumaterial des Kraftwerks selbst folgt einem Kreislauf, sondern auch seine Funktionsweise. Wie erzeugt dieses eigentlich aus Wasserkraft Strom? Vereinfacht kann man das wie folgt zusammenfassen: Durch zwei Talsperren wird der Spuller-see über sein natürliches Volumen hinaus aufgestaut. Der See fasst 15,4 Millionen Kubikmeter Wasser – oder anders ausgedrückt: ca. 86 Millionen volle Badewannen. Das kühle Nass fließt unterirdisch vom Hochgebirgssee über einen Rohrstollen zum Wasserschloss. Dort gibt es einen kleinen Zwischenstopp, von dem aus das Wasser über eine Druckrohrleitung (nach der Modernisierung nun ebenfalls unterirdisch) über 800 Höhenmeter hinunter ins Krafthaus strömt. „Es handelt sich dabei um die unglaubliche Menge von 6.300 Liter Wasser pro Sekunde, das mit einer Geschwindigkeit von 447 km/h bei der Düse austritt!“, so Stefan Pecina, Leiter der Kraftwerksgruppe West, eindrücklich. Kraftvolle Wasserstrahlen treiben drei Turbinen an, die durch Induktion schließlich Strom erzeugen. Und zwar ganz schön viel! „Insgesamt liefert es eine Leistung von 36 Megawatt und zusammen mit dem benachbarten Kraftwerk Braz kann damit die Bahnstromversorgung für ganz Vorarlberg sichergestellt werden,“ berichtet Stefan Pecina.

Vereinfachte Darstellung des Wasserkraftwerks Spullersee.

Ein perfekter Kreislauf

Allgemein haben Wasserkraftwerke viele Vorteile, insbesondere jenes am Spullersee: „Als sogenanntes Spitzenkraftwerk kann es Schwankungen im ÖBB Stromnetz sofort ausgleichen. Diese entstehen zum Beispiel, wenn Züge anfahren, was unglaublich viel Energie benötigt, oder wenn diese abbremsen und dabei Energie zurück ins Netz einspeisen“, erklärt Markus Wippersberger, Anlagenmanager der Kraftwerksgruppe West. Passiert das vielfach gleichzeitig und könnten Kraftwerke wie jenes am Spullersee nicht schnell hinauf- oder heruntergeregelt werden, würde das Netz zusammenbrechen. Blackout. Des Weiteren ist die Stromproduktion mit Wasserkraft CO2-frei und – bedingt durch den Wasserkreislauf (Wasser verdunstet, regnet ab, füllt den See, usw.) – ebenfalls kreislauffähig. „Ein Wasserkraftwerk ist ein in sich geschlossenes und nachhaltiges System. Ohne übermäßigen Verbrauch neuer Ressourcen“, fasst Markus Wippersberger zusammen.

Die Standorte unserer Wasserkraftwerke.

Mehr Eigenproduktion

Insgesamt betreiben die ÖBB neun Wasserkraftwerke. Und die leisten Großartiges: Sie produzieren einen großen Teil der gesamten Energie, die die ÖBB benötigen. Das ist aus vielen Gründen gut für uns: Wir produzieren Strom zu stabilen Kosten, unabhängig von der Preisentwicklung der Energiemärkte, und tragen wesentlich zur Erhöhung unserer Versorgungssicherheit bei. Deshalb möchten wir diesen Weg weitergehen: Unser Anteil an der Strom-Eigenproduktion soll auch in Zukunft weiter steigen.

Besonderheit: Die Stromspannung wird direkt auf dem Gelände des Kraftwerks hochtransformiert.

Zwölf Megawatt Leistung stecken unter jeder orangenen Haube.

Für Mensch und Natur

Wir sehen es als unsere Verantwortung, unser Land bei der nachhaltigen Transformation bestmöglich zu unterstützen – damit Österreich auch für nachfolgende Generationen lebenswert bleibt. Der Schlüssel hierfür ist kreislauffähiges Wirtschaften und deshalb möchten wir dieses Kriterium künftig noch stärker in all unsere Handlungen miteinbeziehen. Denn: Kreislaufwirtschaft ist – wie wir am Beispiel des Kraftwerks Spullersee gesehen haben – nicht nur eine ökologische Notwendigkeit, sondern eine ökonomische Chance. Sie hilft nicht nur, Ressourcen langfristig zu sichern, sondern auch, Kosten zu senken. Eine Win-win-Situation für Mensch und Natur.

Strategische Stroßrichtung für mehr Kreislaufwirtschaft

Wir reduzieren Primärrohstoffe, erhalten Material und verlängern die Nutzungsdauern, und zwar bei Fahrzeugen, Gebäuden und bei der Bahninfrastruktur. So haben wir im letzten Jahr beispielsweise bei ÖBB Train Tech mehr als 700.000 (Fahrzeug)Komponenten aufgearbeitet – von Klimaanlagen über Sitze bis hin zu Batterien. Schließlich können mehr als 90 % aller Bauteile von modernen Schienenfahrzeugen repariert werden.