Drei Brüder, ein Vater, vier Lokführer

29. 09. 2025

Vater Rudolf und seine drei Söhne Gerhard, Rudolf und Manfred haben alle denselben Weg eingeschlagen: Sie sind (oder waren) Lokführer bei den ÖBB.

Wie alles begann

Gleich gegenüber vom Hauptgleis in Attnang-Puchheim steht ein Mann mit einem Trinkglas in der Hand. Es ist ein warmer Nachmittag, das Dienstende eines Kollegen, der in Pension geht. Neben ihm: ein Arbeitsfreund mit Zierharmonika. Und wenn man genau hinhört, erkennt man ein paar Akkorde, die an einen alten Zug erinnern, der irgendwo in Oberösterreich pfeifend durch einen Bahnhof rollt.

Der Mann mit dem Glas heißt Rudolf. Und es ist nicht das erste Mal, dass er auf diesem Bahnsteig steht, um Abschied zu feiern. Es ist sogar Tradition. Denn hier in Attnang-Puchheim begann alles.

Rudolf war Schlosser bei der Bahn, ein Mann, der die Werkstätte in Attnang-Puchheim genauso gut kannte wie seine Westentasche. „Ich war der Erste unserer Familie bei den ÖBB. Für mich war klar: Wenn meine Buben einmal groß sind, sollen sie etwas Anständiges lernen. Also haben sie in der Lehrwerkstätte in Attnang-Puchheim begonnen und das Handwerk gelernt – mit Drehbank, Öl und Metallspäne“, erinnert sich der Vater von drei Söhnen. Danach ging‘s weiter in Richtung Lokführer inklusive Prüfungen, Vorschriftenunterricht und Fahrstunden auf der Strecke.

Als Letzter der drei Brüder trat Manfred 1991 in den Führerstand. „Ich war einer der letzten Beimänner“, sagt er. Damals saßen auf manchen Lokomotiven noch zwei Leute im Führerstand. Einer fuhr, der andere las mit, schaute, griff ein, wenn’s nötig war. „Vor allem bei der 1010er – eine Lok mit Charakter.“

Mit Herz für die Bahn und die Musik: Alle vier sind leidenschaftliche Musikanten – Manfred (li.) kennt ihr vielleicht sogar von den Teufelskerlen.

Erinnerungen, die bleiben

Was die drei Brüder verbindet, ist nicht nur der Beruf, sondern ein gemeinsames Verständnis davon und das menschliche Miteinander. „Denn bei der Bahn, da zählen noch die Kolleg:innen neben dir“, sinniert Gerhard. „Und wenn einer in Pension geht, dann gibt’s eben Musik und eine spezielle Durchsage am Bahnsteig.“

Was in der Familie Klinglmair so gut wie immer bei gemeinsamen Essen Thema ist, sind Loks, Signale, Vorschriften und natürlich Geschichten von früher. So wie damals, als Manfred gerade erst einen Monat Lokführer war und mit einem der modernsten Züge seiner Zeit – einem Euronight – in Salzburg einfuhr. Am Nebengleis: sein Vater mit einer alten 1141er. Manfred funkte frech: „Was steht denn da für eine alte Lok neben mir?“ Eine Geschichte, die bis heute für Lacher sorgt. „Oder als sich unsere Dienstpläne zufällig überschnitten und wir Brüder eine gemeinsame Nacht am Ausbodensee verbrachten. Wir wussten das vorher nicht und haben uns echt gefreut“, fällt Rudolf ein.

Und dann war da noch der Tag während Manfreds Ausbildung, als Vater Rudolf eine gemeinsame Tour arrangierte. Eine Überraschung, an die sich Manfred gern erinnert: „Mein Vater war ein ziemlich strenger Ausbilder und ich hatte etwas Bammel, aber mit dem eigenen Vater unterwegs zu sein, war einfach cool.“

Von der Dampflok

Rudolf senior gehört noch zu jener Generation, in der Züge nach Kohle rochen und die Arbeit im Führerstand Muskelkraft verlangte. Er fuhr mit der Dampflok unter anderem nach Hausruck und sogar bis nach Westbayern. Er begann als sogenannter „Heizer“. Kohlen schaufeln und den Kessel im richtigen Druck halten standen täglich auf dem Programm. „Bei einer Bergfahrt auf den Schafberg landeten da schon einmal 500 Kilo Kohle in der Feuerbüchse,“ erzählt er und ergänzt, „die Zeiten haben sich verändert. Die Dampflok wurde längst von moderneren Zügen abgelöst, und auch die Arbeit der Lokführer:innen hat sich grundlegend gewandelt.“

Lieblinge

Neben den Erinnerungen hat jeder der drei auch seine ganz persönlichen Favoriten, die zeigen, wie sehr die Bahn ein Teil ihres Lebens ist.

Und Gerhard schwärmt bis heute von der Taurus. „Das ist meine Lok. Sie ist kraftvoll, zuverlässig und technisch auf dem neuesten Stand. Damit unterwegs zu sein, ist einfach ein Genuss.“

Bei Rudolf ist es die Strecke ins Salzkammergut, hinauf nach Steinach-Irdning. „Da fährst du am Traunsee entlang, siehst das Wasser glitzern, die Berge rücken näher, Bad Ischl zieht vorbei – das ist einfach wunderschön. Diese Stimmung vergisst du nie.“

Manfred hat seinen Lieblingsort gleich vor der Haustür: den Bahnhof Linz. „Der Bahnhof ist top modern, übersichtlich und freundlich. Hier wird dir alles geboten. Und egal, ob morgens oder abends – du bekommst hier immer noch, was du brauchst.“

Gerhard: „Mein Tipp an alle, die überlegen: Macht das unbedingt!“

Rudolf jr.: „Das Gefühl der Freiheit begleitet mich bis heute – 30 Jahre später.“

Manfred: „Als ich zum ersten Mal im Führerstand saß und die Kraft der Lok spürte, wusste ich, dass ich das nie wieder missen will.“

Rudolf senior: „Ich kann nur sagen: ich hab’s genossen!“

So unterschiedlich ihre Strecken, ihre Loks und ihre Geschichten sind, die Liebe zur Bahn und das Band zwischen Vater und Söhnen bleiben. Eine Familie, die mit jeder Fahrt ein Stück Geschichte weiterträgt.

Fotos: ©️ privat