Adrian und der rare Schnelltriebwagen

03. 07. 2020

Wie ein 16jähriger eine Eisenbahnlegende wieder zum Leben erweckte.

Es gibt Dinge, die sind einfach ihrer Zeit voraus. Als der 4042.01, damals noch mit der Typenbezeichnung ET11 erstmals im Jahr 1936 über Österreichs Schienen rollte, staunten viele nicht schlecht. Denn der 24m lange Triebwagen hatte einen elektrischen Antrieb und vereinte Eleganz mit bisher ungeahntem Fahrkomfort. Und er war schnell. Bis zu 100km schaffte der Zug, nicht zuletzt wegen seiner neuer stromlinienförmigen Bauweise. Dem Namen Schnelltriebwagen machte er alle Ehre.

Das alles zu einer Zeit, wo noch schnaubende Dampflokomotiven die Eisenbahnwelt dominierten. Und die BBÖ, die Vorgängerin der heutigen ÖBB, mit der Elektrifizierung von Strecken begonnen hatte.

„Der 4042.01 war ein Prototyp, der mit nur zwei Stück nie richtig in Serie gegangen ist.“ erzählt Adrian Gehringer, der eine besondere Beziehung zu diesem Triebwagen hat. Er kennt jede Schraube, jedes noch so kleine Detail. Denn er hat diesen Zug mit seinen

Verein „Nostalgiebahnen in Kärnten“ in jahrelanger akribischer Arbeit wieder aus dem Dornröschenschlaf geholt.

Jugend am Zug

„Begonnen habe ich im Alter von 16 Jahren gemeinsam mit einem HTL-Kollegen“, erinnert sich der heute 26jährige an sie Anfänge des Riesenprojekts. „Der Triebwagen ist viele Jahre bei uns in unserem Heizhaus gestanden, mit Staub bedeckt und mit einer rotgelben ausgeblichenen Lackierung, die stetig abblätterte.“ Kollegen vom Verein hatten Jahre zuvor begonnen, das Innere des Zugs auszuräumen, dann aber nicht mehr weitergemacht.

Am Anfang konzentrierte sich Adrian, der bereits seit Kindertagen großer Eisenbahnfan ist,auf den Innenraum.

Alles wurde in Einzelteile zerlegt, jedes Stück Holz abgeschliffen, wieder originalgetreu zusammengesetzt und renoviert im Stil im Stil der fünfziger, sechziger Jahre, den Jahrzehnten, als der 4042.01 im Kärntner Regionalverkehr unterwegs war. Bautechnisch hatte sich zu dieser Zeit einiges geändert, der Führerstand war neu, je ein Triebwagen wurde nun mit einem dazulassenden Steuerwagen der Reihe 6042 gekuppelt. Bis 1966 befuhren so beide Triebwagen samt Steuerwagen fast sämtliche elektrifizierten Strecken im Kärntner Raum.  Und so sollte der renovierte 4042.01 auch wieder ausschauen.

Bewegte Geschichte

Der nächste Arbeitsschritt war die Wiederherstellung der originalen Farbgebung. Die Lackierung erfolgte nach Analyse der Originalfarbtöne, welche durch Abschleifen der rotgelben Lackierung der Steiermärkischen Landesbahnen wieder zum Vorschein kamen. Dort hatten beide Triebwagen der Serie fast 30 Jahre bis zur Ausmusterung 1994 auf der kurzen Strecke Peggau-Übelbach ihren Dienst versehen. „Ein Glücksfall, die Strecke war so kurz, dass die Toilette abgeschlossen wurde. Und so wurde ein perfektes WC aus den fünfziger Jahren erhalten, inklusive originaler hölzerner Klobrille“ lacht Adrian.

Dieselbe große Liebe zum Detail wurde auch bei Außengestaltung an den Tag gelegt. Nachdem mit dem Blauweiß die alte Eleganz wieder hergestellt war wurden sämtliche Beschriftungen mit eigens angefertigten und von Hand ausgeschnittenen Schablonen aufgebracht, wobei hier die originale Schriftart aus der damaligen Zeit zur Anwendung kam.

2013 folgte dann der größte Brocken, die technische Aufarbeitung: Führerstände, der Apparateraum und der Hochspannungsraum Großteils zerlegt, gründlich gereinigt und ebenfalls in den Zustand der 60er Jahre zurückversetzt.

Erneut auf großer Fahrt

Ein Jahr später konnte nach eingehender Untersuchung eines Sachverständigen eine erste Probefahrt unternommen werden. Somit stand der Triebwagen nach 18 Jahren Stillstand erstmals wieder unter Strom! Die Probefahrt verlief erfolgreich, abschlossen war die Renovierung damit jedoch noch lange nicht. Hier war die größte Aufgabe die Aufarbeitung des Fahrwerks. Die besser erhaltenen Drehgestelle vom 4042.02, der ebenfalls vom Verein angekauft worden war,  wurden nach ausführlicher Instandsetzung in den 4042.01 eingebaut. Endlich, nach 5 Jahren war die Renovierung abgeschlossen.

Seitdem ist der 4042.01 wieder unterwegs auf Nostalgiefahrten durch Österreich und nimmt Interessierte mit auf die Zeitreise. 6000 km kamen so bereits wieder zusammen.

Adrian überlegt, als Erweiterung den dazu passenden Steuerwagen zu renovieren, auch um mehr Bahnbegeisterte auf die Fahrten mitzunehmen zu können.

„Der schaut aus wie eine Geisterbahn“ lacht er und weiß, dass es mindestens 5 weitere Jahre dauern würde, bis dieses Projekt ebenso perfekt abgeschlossen wäre. Aber das ist eine andere Gleisgeschichte.

Mindestens einmal im Jahr ist der 4042.01 auf großer Fahrt. Infos dazu gibt’s auf nostalgiebahn.at.
Kennt ihr Jemanden, der ebenso eisenbahnbegeistert ist wie Adrian? Wir freuen uns sehr über jede neue Gleisgeschichte. Meldet euch bei uns per Mail.